Im September haben wir die Trailschuhe in der beeindruckenden Bergkulisse der Allgäuer Hochalpen auf dem "Grenzgänger" geschnürt. Ein wahrlich wundervolles Wegprojekt, das wir euch als Tourentipp wärmstens ans Herz legen möchten.
Der alpine Wanderweg umfasst etwa 85km und 6800 Höhenmeter. Er besticht durch herrlich anspruchsvolle Bergpfade, ausgedehnte Geröllfelder, grandiose Panoramen und eine gute Infrastruktur.
„Beim Grenzgänger handelt es sich um eine Mehrtagestour inmitten der Allgäuer Alpen. Das Herzstück ist die ständige Überschreitung der österreichischen und deutschen Grenze zwischen Tannheimer Tal, Hintersteiner Tal und dem Lechtal. Die Umrundung des Hochvogels sowie der Besuch des bekannten Schrecksees sind dabei nur zwei der Highlights. Mehrere der höchsten Wasserfälle Deutschlands erwarten den Wanderer genauso wie eine düstere Nordwand, ein Berg, der sich spaltet sowie ausgedehnte Blumenwiesen und herrliche Panoramen.“ (siehe https://www.grenzgaenger-wandern.com)
Der Grenzgänger ist als Streckenwanderung und Hüttentour konzipiert, nicht als Rundkurs. Alternativ kann die Route auch mit ein paar zusätzlichen An- und Abstiegskilometern in drei Rundkursen mit durchgängiger Übernachtung in Talorten abgelaufen werden, wie wir es vorgezogen haben.
Ambitionierte Trailrunner können ihn natürlich auch Nonstop als FKT-Versuch ins Visier nehmen. Wenn wir richtig informiert sind, wartet der Grenzgänger noch auf seine erste Fastest-known-Time!
Im Folgenden stellen wir unsere drei Rundtouren zum Nachlaufen des Grenzgängers vor.
Übersichtskarte Gesamtroute:
Unsere erste Etappe führte über die Nordschleife mit Start und Ziel am Parkplatz von Hinterstein (Am Ortsende bei der Bushaltestelle).
Wir starten auf der offiziellen Route mit einem schönen Aufstieg vorbei am Zipfelsfall hinauf auf die Zipfelsalpe, die eine schöne Einkehrmöglichkeit bietet und mit einer Bergaussicht der Marke Postenkartenmotiv auftrumpft.
Was folgt, ist eine grandiose Gipfeltour mit herrlichen Panoramablicken ins Tannheimer Tal. Wir überschreiten den Iseler und den Kühgundkopf auf einem herrlichen Grad, bevor wir zum abenteuerlichen Schmugglerpfad stoßen. Sofern der Grenzposten euch Durchlauf gewährt, folgen die Aufstiege zum Bschießer und zum Pronten. Abschließend wartet ein Downhill über die Willersalp mit Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeit. Wir verlassen den Grenzgänger an der Alp für heute und laufen weiter talwärts über den plätschernden Willersbach-Fall zum Ausgangspunkt in Hinterstein.
Tipp: Früh am Morgen starten, dann ist es noch recht einsam auf dem technischen Gipfelgrat vom Iseler zum Wiedhag und man kann es hier etwas krachen lassen, wenn die Beine am ersten Tag noch frisch sind.
Bilanz: 23,5km und 2000 Höhenmeter
Bilder sagen bekanntlich mehr als tausend Worte und so lassen wir anstatt ausgedehnter Zeilen lieber ein paar Impressionen sprechen:
Los geht es mit dem ersten Bus um 7:15 vom gleichen Startpunkt wie tags zuvor, dem Parkplatz am Ortsende von Hinterstein. Der Bus fährt stündlich, ihr solltet nach Möglichkeit die erste Abfahrt nehmen, bei der Endhaltestelle Giebelhaus aus dem Bus sprinten, um die Wandermeute hinter euch zu lassen und dann habt ihr den morgendlichen Aufstieg zum Prinz-Luitpold-Haus erstmal für euch allein.
Zunächst ist lockeres eingrooven auf ein paar Kilometern Asphalt/ Forstweg mit sanfter Steigung angesagt und dann führt der Grenzgänger auf schönen Bergpfaden durch urige Wälder, saftige Wiesen und schließlich über verblocktes Gestein hoch zum Luitpoldhaus, welches am Rande eines Talkessels in sehr reizvoller Berglandschaft gelegen ist. Hier könnt ihr euch nochmal stärken, bevor ihr die Passquerung über die Bockscharte in Angriff nehmt. Nach der Bockscharte galt es bis vor kurzem noch eine Schlüsselstelle mit einem sehr abschüssigen Abstieg zu meistern, der mittlerweile aber durch zahlreiche Stufen und Tritte gesichert ist.
Im Folgenden präsentiert sich der Grenzgänger auf dem Jubiläumsweg in voller Pracht. Bergpfade der aller feinsten Sorte führen durch sehr abwechslungsreiches Gelände mit flowigen Trailabschnitten und technischen, teils kettengesicherten Passagen.
Unterhalb der steilen Flanken des Rauhorns wartet schließlich der finale Anstieg zum höchsten Punkt der Tour, dem Geiseckjock. Belohnt werden die geschundenen Knochen mit einer beeindruckenden Aussicht auf den Schrecksee und das Hintersteiner Tal.
Der finale Downhill hat es dann nochmal in sich, man sollte sich hier ein paar Körner aufbewahren für diesen technischen Abstieg mit 1200 negativen Höhenmetern Richtung Ausgangspunkt. Im idyllischen Hinterstein könnt ihr die Tour mit einem kühlen Weißbier abrunden und in einem der Biergärten noch ein wenig Alpenromantik genießen.
Bilanz: 29km: Höhenmeter 1800
Das große Finale mit der Umrundung des Hochvogels, der majestätisch aus der umliegenden Bergkulisse hervorragt, haben wir uns für die letzte Etappe mit Start und Ziel in Hinterhornbach aufgehoben. Das kleine und ursprüngliche Alpendorf liegt an einem einsamen Seitental des Lechtals. Am Ortsende findet ihr einen Parkplatz und statt eines Parktickest wirft man 3 Euro auf Vertrauensbasis in die Parkplatzkasse - sehr sympathisch!
Über einen urigen Waldpfad steigen wir hinauf zum Fuchsensattel und weiter zur Balkenscharte.
Es geht vorbei an den ehrfürchtigen Felswänden des Hochvogels und durch ausgedehnte Geröllfelder. Dieser Abschnitt bildet ein absolutes Highlight des Grenzgängers! Es folgen kleinere Klettereinlagen über die Balkenscharte und bald haben wir beim Abstieg zum Prinz-Luitpoldhaus, wo wir bei der gestrigen Etappe schon vorbeigekommen sind, wieder laufbareren Boden unter den Trailschuhen.
An der Hütte lassen sich die Füße wunderbar auf der schönen Sonnenterasse hochlegen. Zu viel Gemütlichkeit sollte hier allerdings noch nicht aufkommen, denn der Weg zurück nach Hinterhornbach hat es nochmal richtig in sich: Nach ein paar genüsslichen Trailkilometern durch üppig bewachsene Bergpfade folgen 2 schweißtreibende Anstiege zum Himmelecksattel und zum Hornbachjoch. Besonders Letzterer haut einen zum Schluss nochmal ganz schön aus den Socken. Am Hornbachjoch angekommen präsentieren sich die Allgäuer Hochalpen zum Abschluss nochmal in einem beindruckenden Panorama, an dem man sich schwer satt sehen kann.
Es hilft aber nichts, auch die schönste Tour geht mal zu Ende und man sollte gedanklich noch nicht zu sehr abschweifen, da der Abstieg nach Hinterhornbach nochmal höchste Konzentration abverlangt. Stark verwurzelte und verblockte Passagen auf einem sehr schmalen und urwüchsigen Trail bringen uns ans ersehnte Ziel.
Eine Quelle am Parkplatz lädt zur Erfrischung ein, genauso wie das noch immer eisgekühlte Weißbier in der Kühlbox unseres Trailmobils. Alkoholfrei versteht sich, schließlich steht die Rückfahrt noch bevor und die ist, nebenbei bemerkt, aus dem Rhein-Main-Gebiet gar nicht mal so lang. Während man in südliche Alpenregionen eine ewig lange Autofahrt vor der Brust hat, erreicht man das Tannheimer Tal mit dem Grenzgänger bereits in 4-5 Stunden Autofahrt. Schnell genug, um am An- und Abreisetag noch eine kleine Tour mit einzuplanen.
Bilanz: 26km und 2200 Höhenmeter
Fazit: Wir waren begeistert von den alpinen Bergpfaden des Grenzgängers und können euch diese Tour wirklich sehr empfehlen. Der Weg besteht - bis auf kurze Passagen- fast durchgängig aus Trails und wenn man es schafft, sehr früh am Morgen zu starten, lassen sich die Allgäuer Hochalpen auf vielen Abschnitten noch in Stille und Ursprünglichkeit genießen.
Tipp: Es gibt eine sehr brauchbare und detaillierte Übersichtskarte (kostenlos!) in der Touristeninfo von Bad Hindelang. Die Karte tut gute Dienste und ladet euch dazu am besten den GPX-Track auf die Uhr. Der Weg war an den meisten Stellen gut ausgeschildert mit dem Grenzgängersymbol auf den "normalen" Wanderschildern. Allerdings handelt es sich um ein noch junges Wegprojekt, wo die finale Markierung noch im Gange scheint. Ein paar Passagen waren im September 2020 jedenfalls noch lückenhaft.
Viel Spaß beim Nachlaufen...