Gastbeitrag von Paul:
Da ich derzeit in München bin und viel in den Bergen umherlaufe, wollte ich das zu Ostern umso intensiver tun. Hüttenlauf anstatt Hüttenwanderung sollte dabei die Devise sein. Leider stellte sich die Sache als schwieriger heraus, als gedacht, denn viele Hütten sind noch geschlossen, da die meistens Routen bestenfalls mit Winterausrüstung gangbar sind. Wenn man allerdings den Blick gen Süden richtet, stößt man ziemlich schnell auf das Vinschgau und den dortigen Höhenweg. Dieser führt über 108 km und 5600 hm von Staben bei Naturns bis zur Etschquelle am Reschenpass. Entsprechende Unterlagen finden sich relativ leicht und geben einen ersten Überblick. Die Routen werden gut beschrieben und auch attraktive Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten werden aufgezeigt. Dennoch sollte man weder auf eine Karte, noch auf eine offline verfügbare Routenapp verzichten, der Weg ist zwar durchgehend sehr gut markiert, allerdings gibt es einige lohnende Abstecher, die sich ohne größeren Aufwand integrieren lassen.
Angereist bin ich bereits Gründonnerstag, um am nächsten Morgen ausgeruht aufzubrechen. Die Fahrt über den Reschenpass ist dabei immer eine ganz besondere, denn bei bestem Wetter erhascht man direkt das atemberaubende Panorama der Ortlergruppe.
Der erste Tag begann sehr verheißungsvoll, denn blauer Himmel, milde Temperaturen und strahlende Sonne sollten mich den ganzen Tag über begleiten. Nachdem ich mein Auto auf einem kostenfreien Parkplatz in Naturns abgestellt hatte, folgte ich dem Etschradweg bis Staben, wo der Höhenweg offiziell beginnt. Der erste kurze Anstieg machte sofort klar, was man die nächsten Tage erwarten darf. Es geht kurz Richtung Schloss Juval, dem Sommersitz der Familie Messner, steht man allerdings davor, hat man den richtigen Abzweig verpasst. Einer der wenigen Navigationsfehler, der mir unterlaufen sollten. Wieder auf dem richtigen Weg, läuft man an einem wundervollem Waalweg entlang. Bäume spenden Schatten, das Wasser spendet angenehm Frische und das Panorama tut sein Übliches. Im folgenden geht es einen schmalen Trail Richtung St. Martin hinauf, einen kleinen Bergdorf unterhalb des Vermoi und gut 1000 Meter oberhalb des Tals. Da ich bis hierhin bereits drei Stunden unterwegs bin, muss ich meine angepeilte Besteigung der Vermoispitze auslassen, den es stehen noch fordernde Stunden an. Stattdessen kehre ich kurz im Egghof ein, stärke mich mit einer Suppe und genieße das Bergpanorama. Der weitere Weg verliert nichts an seiner Attraktivität. Die Trails sind traumhaft, vor allem weil sie oft mit unzähligen Nadeln bedeckt sind und sich daher wolkenleicht laufen. Die immer wiederkehrenden Asphaltstücke und Forstwege sind nicht allzu störend, zumal sie eine gutes vorankommen ermöglichen. Der letzte Anstieg des Tages fordert noch einmal die letzten Reserven, wird aber mit einem weichen Downhill in mein Etappenziel Tanas belohnt. Nach kurzer Suche im Ort, finde ich das Haus Gartenblick, wo ich von einem sehr freundlichem älteren Ehepaar begrüßt werde. Abendessen kann kann man sehr gut im Gasthof Paflur. Die Portionen sind ordentlich und die Preise angemessen. Zum Abschluss der 43 km langen Etappe mit 2700 hm genieße ich den Sonnenuntergang und plane noch ein bisschen den nächsten Tag.
Klack - Klack - Klack sind die ersten Geräusche, die ich am nächsten Morgen vernehme. Etwas später beim Frühstück erfahre ich, dass es die Melkmaschine war. Frische Milch und andere eigens produzierte lokale Köstlichkeiten, decken den Tisch. Nachdem ich mich auf diese Weise angemessen gestärkt habe, mache ich mich auf meine heutige Tour. Leider fällt diese etwas kürzer aus, da ich im Nachhinein festlegen musste, dass meine heutige Unterkunft näher ist als geplant. Entsprechend werte ich die Etappe etwas auf, indem ich nach ca. 3 Kilometern vom Höhenweg abweiche und über die Route 25 den Aufstieg zum Hohen Kreuzjoch in Angriff nehme. Anfangs geht es über breite Wiesenwege, die sich zunehmend in hochalpine Trails verwandeln. Nachdem ich die Baumgrenze hinter mir lasse, muss ich so ziemlich alles anziehen, was ich dabei habe, denn der Wind auf diesem aufsteigenden Grat ist ziemlich eisig. So gerüstet, folge ich der Markierung durch schroffes und felsiges Gelände. Die letzten Schneefelder lassen sich problemlos queren und nach forderndem Aufstieg stehe ich schließlich auf 2992 m, meinem bis dato höchsten aus eigener Kraft erreichten Gipfel. Der Downhill ist ebenso fordern und kostet somit einiges an Zeit, anfangs folge ich dabei meiner Aufstiegsroute, später biege ich dann Richtung Innere Alm und Matscher Tal ab, um schließlich wieder auf dem Vinschger Höhenweg zu gelangen. Etwas weiter unten werden die Trails dabei zunehmend laufbarer und der Spaß kennt keine Grenzen. Der Rest des Weges bis zur Matscher Alm ist ehr unspektakulär und verläuft zumeist auf breiten Wegen. Lediglich der letzte Teil bietet noch einmal einen steilen trailigen Aufstieg und lässt erahnen wie es am nächsten Tag weiter gehen könnte. Die Matscher Alm, meine Unterkunft für die folgende Nacht, ist eine klassische Berghütte im modernen Gewand. Alles ist frisch renoviert und selbst eine Dusche zählt zur Ausstattung. Umso erstaunlicher das ich abermals der einzige Gast bin. Die riesige Portion Almnudeln ist nach diesem langen Tag mit knapp 30 km und 2400 hm umso schmackhafter.
So gut die Speisen bis jetzt waren, das Frühstück an diesem Tag übertrifft noch einmal alles. Eine Platte mit zweierlei geräuchertem Schinken, tollem Bergkäse, frischer Milch mit Müsli und das unvergleichliche Südtiroler Brot sind lediglich die Highlights. Auf diese Weise bestens gestärkt, mache ich mich auf zu einem weiteren abenteuerreichen Tag. Fast unmittelbar führt mich die heutige Route auf feinste Trails. Auf 2000 m Höhe läuft es sich einfach toll in dieser Gegend.
Auch heute biege ich allerdings nach ein paar Kilometern vom Höhenweg ab und mache mich auf den Weg zum Hochjoch und weiter zur Spitzigen Lun. Der Weg verläuft oben wieder jenseits der Baumgrenze, doch ich bin nicht ganz allein. In der Nähe sind zumindest ein paar Murmeltiere zu vernehmen. Die Aussicht hält sich an diesem Tag leider etwas in Grenzen, selbst die ein oder andere Schneeflocke lässt sich Blicken. Der Downhill ist wieder besonders genussvoll, obgleich es ein paar wenige Schneefelder zu kreuzen gibt. Im ursprünglichen Bergdorf Planeil angekommen, entschließe ich mich für eine kurze Pause bei Nudelsuppe und alkoholfreiem Weizen. Währenddessen komme ich wieder mit einer sehr freundlichen Frau ins Gespräch. Begegnungen wie diese machen diesen Trip ebenso besonders, wie die Landschaft selbst. Der folgende Weg führt mich durch ein weiteres Bergdorf und nach welligem Verlauf erreiche ich den Reschensee. Nun könnte ich einfach in Graun meine Unterkunft beziehen, aber ich widerstehe der Versuchung und nehme die letzten Kilometer des Höhenwegs in Angriff, um zur Etschquelle zu gelangen. An sich ein sehr unspektakuläres Ziel, aber es markiert für mich das offizielle Ziel dieses Laufes und so halte ich an dieser Stelle kurz inne, bevor ich mich zurück auf den Weg nach Graun mache. Am Ende des Tages stehen 41 km und 1900 hm.
Für den 4.Tag hatte ich mir alles offen gelassen, einzig das Ziel Mals stand fest, denn von da aus fährt der Zug zu meinem Auto zurück. Aber einfach nur zurück laufen wäre doch ein bisschen zu wenig. Daher lege ich mir meinen Weg über das 2630 m hohe Großhorn. Auf Anraten meiner Gastgeberin, nehme ich den Weg über die Grauner Alm, obwohl ich bedenken zwecks Altschnee äußere. So kann ich zumindest das Teilstück auf dem Radweg entlang der Straße umgehen. Sofort bin ich also wieder auf schmalen Pfaden unterwegs, allerdings sehe ich meine Befürchtungen bereits vor der Grauner Alm bestätigt. Der Schnee hindert einen zwar nicht am vorwärts kommen, aber auf den letzten drei Kilometern zum Gipfel, suche ich mir meinen Weg selbst durchs freie Gelände, da sämtliche Markierungen unterm Schnee liegen. Der Landschaft verleiht es dennoch einen ganz besonderen Reiz und mit ein wenig Geduld und vorausschauender Wegfindung, gelange ich schließlich zum Gipfel. Doch noch ist der Berg nicht bezwungen, denn auch der Abstieg ist mit absoluter Vorsicht zu genießen. Daher mache ich lieber etwas langsamer, denn der Weg ist steil, teils nass und der Abgrund immer einen Schritt voraus. Etwas weiter unten kann man es dann wieder laufen lassen und der restliche Weg nach Mals ist schnell gemacht. Mein finaler Downhill führt mich schließlich mit ein paar Mountainbikern zusammen, woraufhin sich nochmal ein kleines und lustiges Wettrennen entspinnt. Prinzipiell bin ich chancenlos, mit Ausnahme der kurvigen Teilstücke. Auf diese Weise angespornt, fliege ich selbst am 4.Tag noch die Berge hinab. Ein würdiger Abschluss dieser 4 Tage, an dem noch einmal knapp 26 km und 1550 hm zusammenkommen.
Zum Schluss noch zwei Anmerkungen zu meiner Ausrüstung. Gelaufen bin ich die ganze Zeit im Salomon Sense Pro 2. Der Schuh lief sich die ganze Zeit super und war im Grunde ein unauffälliger Begleiter. Einzig das Obermaterial an der Innenseite hat schwer gelitten, wobei man auch sagen muss, dass der Schuh für solches Gelände nicht gemacht ist. Der Lauffreude tat das keinen Abbruch, die Lebensdauer des Schuhs hat sich allerdings drastisch verkürzt.
Als Rücksack habe ich auf den S-LAB Peak 20 vertraut. Hat man einmal das System hinter den verschieden Schnürren verstanden, schmiegt er sich super an den Körper, wobei ein Rest wackeln nicht ganz zu verhindern ist, aber hey ich habe ja auch eine Ausrüstung für 4 Tage dabei. Platz bietet dieser Rücksack, mehr als genug und auch wenn keine Trinkblase vorgesehen ist, so bin ich mit 4 Soft Flaks a 500 ml bestens ausgestattet. Besonders die westentypische Passform und die großzügigen Taschen im Frontbereich gilt es bei diesem Pack hervorzuheben.
Abschließend bleibt mir nur noch zu sagen, dass jeder selbst einmal die Gelegenheit nutzen sollte in dieser traumhaften Gegend ein paar Wege zu erkunden. Also vielleicht bis bald in Südtirol 😉