Am Samstag (25.11.) stand der Saisonabschluss vor der Haustür, wo bei der 8.Auflage des kleinen KoboLTS - einem Ultratlauf von Rengsdorf nach Bonn - die Schuhe geschnürt wurden. Der kleine KoBoLT (Koblenz-Bonn Lauftrail) folgt komplett dem Rheinsteig und weist stolze 99km und ca. 3400 Höhenmeter auf.
Nach dem Empfang der Startunterlagen im Haus der Bonner Rudergesellschaft, wurden wir Läufer von einem sehr urig anmutenden Bus nach Rengsdorf gekarrt, der an alte Schulzeiten erinnerte. Sogar für Weihnachtsdeko war in unserem Gefährt gesorgt, und das schon Ende November.
Bei nasskalten Wetterbedingungen fanden sich die circa 40 Starter an der imaginären Startlinie beim Tennisgelände in Rengsdorf wieder, wo wir um 14:00 Uhr auf die Reise geschickt wurden. Es waren schon ziemlich unangenehme Wetterbedingungen hier oben, aber ich möchte mich nicht beklagen – wie es wohl erst den Teilnehmern der kompletten KoBoLT-Strecke erging, fragte ich mich? Jene waren um diese Uhrzeit bereits drei Stunden auf dem Rheinsteig ab Koblenz unterwegs, und hatten dabei ganz schön auf die Mütze bekommen, wie mir der spätere Sieger Tobias Krumm berichtete, der nebenbei auch eine neue Bestzeit auf den 140km aufstellte.
Zurück zum Start in Rengsdorf: Obligatorisches runterzählen und ab ging die Post – kurzes Einrollen und schon wurde in den ersten Downhill gebrettert, die Knochen waren noch eingerostet von der langen Auto- und Busfahrt – aber was solls, so kam der Puls wenigstens schnell auf Betriebstemperatur und es wurde warm ums Herz. Was folgte, waren 99km entlang des Rheins, seinen Hintertälern und durchs Siebengebirge – immer den Hinweistafeln des Rheinsteigs hinterher, sofern man Eines fand (was in der Regel der Fall war).
Nicht mal drei Stunden waren wir unterwegs, da mussten bereits die Lampen gezückt werden, und der Stirnlampenkegel war für den Rest der Nacht unser einziger Begleiter, sofern man nicht in einer Gruppe unterwegs war. Die Wetterbedingung blieben in der Folge verhältnismäßig stabil, da hätte man beim Blick auf den Wetterbericht der letzten Tage Schlimmeres erwarten können. Das ein oder andere mal erwischte uns etwas Nieselregen, ein kleiner Graupelschauer war zu überwinden, sowie ein kurzes Nebelfeld. Ansonsten präsentierte sich der Wettergott aber echt gnädig, denn in der Nacht zeigte sich der Himmel lange Zeit auch sternenklar im Mondschein.
Insgesamt drei Verpflegungsstellen erwarteten uns auf der gesamten Strecke, allesamt üppig bestückt mit Futter und erfrischendem Nass, dazu überaus freundliche Helfer. Wurde der VP 1 bei Kilometer 32 noch relativ schnell zurückgelassen, so war beim zweiten Fressstand an der Erpeler Lay kräftiges Stärken angesagt. Hinter dem warmen Kaminfeuer wurden trockene Klamotten aus dem Dropbag gezückt, während in der Hütte beste Stimmung herrschte. Auch der Schuh- und Sockenwechsel war eine echte Wohltat – denn wir waren bei der diesjährigen Auflage des KoboLTs in eine wahre Schlammschlacht geraten. Immer wieder begleitete uns knöcheltiefer Matsch und kaum einen Läufer hat man später im Ziel getroffen, den es nicht mindestens einmal niedergelegt gemacht hat. Vom Wetter und vor allem den Bodenbedingungen her waren es in 2017 die härtesten KoBoLT-Bedingungen seit Jahren, wie mir Organisator Stefan am Folgetag erzählte.
Zurück ins hier und jetzt: Schweren Herzens musste ich dem warmen Ofen beim VP Erpeler Lay den Rücken kehren, es ging wieder hinaus aus der Hütte in die düstere Nacht und mit etwas neidischem Blick auf die Jungs und Mädels, die am Hüttentresen fleißig Kölsch am schlürfen waren. Das Siebengebirge wartete getreu dem Motto „Auf und Nieder immer wieder“: Einige der längsten und schweißtreibensten Aufstiege standen also noch bevor. Immer dem Lichtkegel hinterher ging es im stoischen Schritt die Anstiege hoch und mit höchster Konzentration die Downhills herab – denn man wusste nie, was einen beim nächsten Schritt unter der dicken Matsch- und Laubschicht erwartete. Die Passagen auf den leicht abfallen Waldwegen wurden dagegen als Wohltat empfunden - die Freude war hier ganz auf der Seite meiner arg angeschlagenen Muskulatur.
Bei km 77 war VP 3 erreicht (siehe Video): Letzter Boxenstopp vor dem langersehnten Finish in Bonn – also flott Wasser und Futterspeicher aufladen und danach hoch zum Drachenfelsen, wo in der örtlichen Lokalität eine große Party stieg.
Unter den ungläubigen Blicken der schmauchenden Partybesucher, welche gerade auf der Terrasse einen Plausch hielten, kämpfte ich mich sodann den Pfad hoch zum Aussichtspunkt Drachenfelsen. Diese Festgesellschaft schien mit dem Anblick eines matschverschmierten Artgenossen leicht überfordert, der um diese Uhrzeit mit Stirnlampe aus dem Gebüsch gekrochen kam :). Da machte die kleine Extrarunde um das Partygelände doppelt Spaß, auf der ich die offizielle Rheinsteig-Umleitung suchte, denn die ursprüngliche Wegleitung über den Eselspfad war wegen Steinschlags gesperrt. Nach kurzer Orientierungsschwäche war das Rheinsteiglogo aber endlich wieder in Sichtweite und ich sollte es auf den restlichen 20km bis Bonn zum Glück nicht mehr aus den Augen verlieren.
Auf den letzten 15 Kilometern sorgte der Applaus der entgegenkommenden Läufer des „Auge um Auge – KoBoLts“ für ein wenig Abwechslung und Motivation. Diese Jungs und Mädels waren um Mitternacht in Bonn gestartet, um über den Rheinsteig zum sogenannten Auge Gottes und wieder zurück zu laufen. Diese 73km umfassende Laufwettbewerb feierte dieses Jahr Premiere beim KoBoLt.
Irgendwann um halb drei in der Nacht, nach ein paar Straßenquerungen in unserer ehemaligen Landeshauptstadt, wurde das lang ersehnte Rheinufer erreicht und der „Schlussspurt“ an der Rheinpromenade konnte folgen. Überglücklich wurde sodann das Haus der Rudergesellschaft in Bonn erreicht, wo brav die Schuhe am dunklen Eingang ausgezogen wurden (wie beim Briefing erbeten) und die Turnhalle gestürmt wurde, um sich als Finisher anzumelden. Ein halbes Dutzend Leute spendete Applaus, darunter auch Sieger Stephan Peters, der bereits seine wohlverdiente Fassbrause schlürfte und in einer absoluten Topzeit von 11:45 als unangefochtener Sieger des diesjährigen .kleinen KoBoTs hervorging.
Bis in die frühen Morgenstunden habe ich dann noch die Wunden geleckt, die Speicher aufgefüllt und weitere Finisher im Ziel bejubelt, bevor es auf die Isomatte in die Horizontal ging.
Fazit: Der KoBoLT war toller Jahresabschluss und mit dem ersten 100er-Finish ein persönliches Highlight in 2017! Großes Kompliment an die Organisatoren für dieses - mit viel Herzblut auf die Beine gestelltes – Event, in dessen familiären Umfeld man sich nur wohlfühlen konnte. Ein ganz dickes Dankeschön geht auch an Paul, der mich bei diesem Unterfangen an den Verpflegungsstellen tatkräftig unterstützt hat. Es hat sehr gut getan, regelmäßig ein Vertrautes Gesicht in der Nacht zu erblicken, auf dessen Aufmunterung und sortierte Gedanken man bauen konnte! Nächstes Jahr bist du hoffentlich aus der Zuschauer- und Fotografenrolle raus :)
Glückwunsch auch an alle anderen Finisher, egal auf welcher Distanz und wie schnell ihr unterwegs wart!
So, nun ist erstmal Ruhe und Krafttanken für 2018 angesagt, so wie hier am VP3. Ich hoffe bei euch ebenso - kommt mir gut durch den Winter...
Kommentar schreiben